Kann Erziehung demokratisch sein? Ja, das muss sie sogar, damit Kinder schon früh ein Bewusstsein für das demokratische Handeln bekommen. Auch in der Corona Zeit bedarf es eines demokratischen Familienmodells, so dass ein gutes Miteinander gelingen kann.

Auch schon Elly Heuss Knapp hat in ihrer Antrittsrede 1948, als frisch gewählte Landtagsabgeordnete der FDP, gesagt: „Die Erziehung zur Demokratie beginnt schon in der Familie und in der Schule“.

Eine funktionierende Demokratie darf nicht als alleinige (politische) Herrschaftsform angesehen werden. Demokratie bedeutet, die Macht zu teilen. Nicht einer soll herrschen, auch nicht mehrere, sondern alle. Das gilt für das Gemeinwesen ebenso wie für die Familie. Als sich die Frauen das Wahlrecht erkämpft hatten und entsprechend repräsentiert wurden, ist nicht nur die demokratische Teilhabe deutlich erweitert worden. Zugleich wurde auch die Familie demokratisiert.

Dass Kinder zur Selbstbestimmung erzogen werden, ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit gewesen. Über Jahrhunderte galt die Gehorsamkeit gegenüber der Familie als oberstes Erziehungsziel. Seit mehreren Jahren ist man von dem autoritären Erziehungsstil weg, seit her gibt es Erziehungsstile, die alle eins zum Ziel haben – Kinder sollen einen Rahmen gesteckt bekommen, in dem sie sich entwickeln und zu selbstständig denkenden und handelnden Menschen heranwachsen können. Menschen, die nicht nur auf ihr eigenes Wohl bedacht sind, sondern auch ihr Umfeld im Blick haben. Deswegen ist ein demokratisches und partizipatorisches Familienleben für Kinder wichtig. Gemeint ist nicht nur das Abfragen des Essenswunsches, welches am Ende doch der Erwachsene entscheidet, sondern vielmehr das Interesse am Kind. Das bedeutet das Erwachsene ihnen zuhören und ihnen im Alltag immer wieder ihre Achtung zeigen und sie partizipieren lassen. Erst dadurch erfahren Kinder, dass sie Rechte haben und diese auch in demokratischen Verfahren einfordern können.

Wenn Kinder sich ein Ziel gesetzt haben, dann können sie unnachgiebig, hartnäckig, und starrköpfig sein. Wenn das Ziel mit den Vorstellungen der Eltern kollidiert, führt es oft zu einem Machtkampf. In einem demokratischen System ist es wichtig zu erkennen, dass man nicht immer auf der eigenen Position beharren sollte, sondern dass es manchmal geschickter und förderlicher für eine positive Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung ist, wenn man ein Stück weit nachgibt und den Wünschen entgegenkommt.

Aus meiner Sicht gelten für ein gelungenes Familiensystem die gleichen Regeln wie für eine funktionierende Demokratie. Beides hängt vom fairen Austausch und von der zielführenden Auseinandersetzung mit verschiedenen Standpunkten ab. Nur durch sinnvoll getroffene Absprachen und Übereinkünfte, durch Kompromissbereitschaft ohne Selbstaufgabe auf allen Seiten, kann Familie gelingen – und so auch zur Stärkung von Demokratie im gesellschaftlichen Rahmen beitragen.