Marie-Luise Gräfin Leutrum von Ertingen – Gründerin des LandFrauenverbands und Heldin der Demokratie

Vor fast 45 Jahren, am 18. Mai 1980, verstarb Marie-Luise Gräfin Leutrum von Ertingen, die Gründerin der LandFrauenverbände in ihrer heutigen Form. Bereits 1932 hob sie mit Erfolg einen Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein aus der Taufe – mit dem Ziel, die Lebenssituation von Frauen im ländlichen Raum nachhaltig zu verbessern.

Marie-Luise Gräfin Leutrum stammte aus einer jüdischen Familie. Ihr Sohn durfte als „Halbjude“ nicht studieren und wurde 1944 von der Gestapo in ein Außenlager des KZ Buchenwald deportiert. Ihre Mutter Ruth Steiner, Mitbegründerin des Vorgängerverbands, wurde ebenfalls verhaftet, in Gestapogefängnisse gesperrt und in das Arbeitslager Rudersberg deportiert, weil sie das Scheitern des Attentats auf Adolf Hitler bedauert hatte. Der wachsende politische Druck ab 1933 schwächte auch Marie-Luise Gräfin Leutrum. Der Landwirtschaftliche Hausfrauenverein wurde aufgelöst. Die Verhaftung ihrer Mutter und ihres Bruders war für sie zutiefst belastend, und sie zog sich ins Private zurück.

Nach dem Krieg kamen Tausende Flüchtlinge in die Region um den Wohnsitz der Familie Leutrum in Württemberg. Trotz großer Not öffnete die Familie ihr Schloss für einige von ihnen. In den Dörfern herrschte Elend: Viele Frauen mussten die gesamte landwirtschaftliche Arbeit allein bewältigen, weil Männer und Söhne gefallen waren oder in Kriegsgefangenschaft saßen.

Marie-Luise Gräfin Leutrum setzte alles daran, den Menschen in dieser schwierigen Lage zu helfen. „Es war das dringende Bedürfnis, die Menschen zusammenzubringen“, sagte sie später in einem Interview. Sie wollte aus dem Nebeneinander ein Miteinander schaffen. 1947 gründete sie deshalb auf Bitten der Alliierten den ersten LandFrauenverband im damaligen Württemberg-Baden. Ihr Ziel war stets, die Lebensbedingungen der Frauen auf dem Land und die Infrastruktur in den Dörfern zu verbessern. Damit leistete sie einen wichtigen Beitrag für den Aufbau der jungen Demokratie im Nachkriegsdeutschland.

Heute, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, möchten wir den Blick wieder auf Marie-Luise Gräfin Leutrum richten. Sie kämpfte für gleiche Lebensverhältnisse von Frauen und Männern und zwischen den Städten und auf dem Land. Bildung war ihr dabei ein zentrales Anliegen, damit Frauen ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben führen konnten. Mit Diplomatie, Charme und Energie setzte sie ihre Visionen durch. Sie brachte Menschen an einen Tisch, um gemeinsam für ein lebenswertes Leben auf dem Land zu kämpfen – insbesondere für Frauen und ihre Familien.

Wir sind überzeugt, dass sie sich auch heute wieder dafür einsetzen würde, unsere Zukunft nicht jenen zu überlassen, die Feindbilder schüren und Zwietracht säen.

In ihrem letzten Interview sagte sie: „Ich glaube, wir wissen alle, in welcher Zeit wir leben und welche Verantwortung jeder Einzelne, auch jede Frau, für diese Zukunft hat. In unsere Hand ist es gelegt, in welche Richtung es gehen wird.“

Marie-Luise Gräfin Leutrum war eine Heldin der frühen Demokratie. Am 23. Februar 2025 würde sie demokratisch wählen. Lassen Sie uns das auch tun.

Herzlichst Ihre

Marie-Luise Linckh

Präsidentin des LandFrauenverbands Württemberg-Baden