Mal angenommen, ich wäre eine Mutter in einer zerbombten syrischen Stadt. Gewalt, Angst, Hunger beherrschen das Leben meiner Familie. Was würde ich tun? Ich würde versuchen, Schutz zu suchen. Aber in die Türkei können wir nicht, dort hat Erdogan eine hohe, viele hundert Meter lange Betonmauer bauen lassen, damit wir nicht hineinkommen. Wir hausen in einer Zeltstadt davor. Jetzt öffnet die Türkei ihre Grenzen Richtung Europa, aber die europäischen Sicherheitskräfte schießen auf uns mit Tränengas …

Die goldene Regel der großen Weltreligionen lautet: „Mensch, behandle den anderen so, wie du selbst behandelt werden möchtest“. Bezogen auf Menschen, die auf der Flucht sind, heißt das: „Mensch, behandle den Flüchtling so, wie du selbst als Flüchtling behandelt werden wolltest“. Dieser Kompass für ein menschliches Zusammenleben ist in die europäische Grundrechtecharta und die Flüchtlingskonventionen eingeflossen. Sie muss sich in der Realität bewähren und alle europäischen Staaten müssen sich dieser Verantwortung stellen. Es braucht eine entschiedene Entschlossenheit, Menschen in Not die Hand zu reichen. Werte der Humanität und Nächstenliebe zeigen ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie gelebt werden.