Vor 21 Jahren wurde das Grundrecht der Kinder auf eine gewaltfreie Erziehung im Bürgerlichen Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland verankert. Seit 2004 ruft der Deutsche Kinderschutzbund jährlich am 30. April den Internationalen Tag der gewaltfreien Erziehung aus.

In den letzten Jahrzehnten hat ein Bewusstseinswandel in der Bevölkerung stattgefunden und eine deutliche Mehrheit unterstützt das Grundrecht auf gewaltfreie Erziehung. Denn die Folgen von physischer und psychischer Gewalt im Kindesalter belasten eine Menschenseele oft ein Leben lang. Oder positiv ausgedrückt: Je weniger körperliche und seelische Gewalt ein Kind erlebt, umso vertrauensvoller ist seine Bindung an die Eltern und umso weniger Angst verspürt es. Insofern hat erlebte Gewalt im Kindesalter nicht nur Auswirkungen auf den betroffenen Menschen, sondern letztendlich auch auf unser Gemeinwesen. Denn unsere Demokratie braucht aufrechte, mutige Menschen, die sich konstruktiv einbringen.  Die Geschichte zeigt, wie autoritäre Erziehung den Menschen für autoritäre Herrschaftssysteme anfällig macht.

Für viele Eltern stellt die aktuelle Pandemie-Situation eine enorme Belastung dar, oftmals liegen die Nerven blank. Die häufigsten Ursachen für elterliche Gewalt sind aber gerade Stress, Überforderung und Ohnmacht. Deshalb bieten der Kinderschutzbund und die Jugendämter vielfältige Präventionsangebote an. Auch die Online-Angebote zur Erziehung des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden e.V. wollen dazu beitragen, Eskalation in Familien zu reduzieren.

Astrid Lindgren hat ihre Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978 mit folgenden Worten beendet:

„Es war eine junge Mutter zu der Zeit, als man noch an diesen Bibelspruch glaubte, dieses „Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben“. Im Grunde ihres Herzens glaubte sie wohl gar nicht daran, aber eines Tages hatte ihr kleiner Sohn etwas getan, wofür er ihrer Meinung nach eine Tracht Prügel verdient hatte, die erste in seinem Leben. Sie trug ihm auf, in den Garten zu gehen und selber nach einem Stock zu suchen, den er ihr dann bringen sollte. Der kleine Junge ging und blieb lange fort. Schließlich kam er weinend zurück und sagte: “Ich habe keinen Stock finden können, aber hier hast du einen Stein, den kannst du ja nach mir werfen.“ Da aber fing auch die Mutter an zu weinen, denn plötzlich sah sie alles mit den Augen des Kindes. Das Kind muss gedacht haben „meine Mutter will mir wirklich weh tun, und das kann sie ja auch mit einem Stein“. Sie nahm ihren kleinen Sohn in die Arme, und beide weinten eine Weile gemeinsam. Dann legte sie den Stein auf ein Bord in der Küche, und dort blieb er lange liegen als ständige Mahnung an das Versprechen, das sie sich in dieser Stunde selber gegeben hatte: NIEMALS GEWALT!“